Während Schwangerschaft und Stillzeit werden die Weichen für ein neues Leben gestellt. Deshalb ist in dieser Zeit eine ausgewogene Ernährung besonders wichtig. Sie wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden der Mutter und auf die optimale Entwicklung und Gesundheit des Kindes aus. Und das nicht nur kurzfristig, sondern auch noch lange über Schwangerschaft und Stillzeit hinaus. 

Für die Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit ist eine ausreichende Nährstoffversorgung wichtig, um einer Unterversorgung bei Mutter und Kind vorzubeugen. Da der Energiebedarf aber nur leicht ansteigt, wird im ersten Trimester keine zusätzliche Energie benötig. Erst im zweiten Trimester sollten 250 kcal zusätzlich aufgenommen werden. Dies entspricht z.B. einer Scheibe Vollkornbrot mit einem Stück Käse oder einer Handvoll geschälten Nüssen. Im dritten Trimester steigt der zusätzliche Energiebedarf auf 500 kcal pro Tag. Dieser Mehrbedarf kann z.B. durch ein Müsli mit Flocken, Früchten, Nüssen und Milch abgedeckt werden. Erwähnenswert ist, dass diese Empfehlungen für Frauen gelten, die vor der Schwangerschaft einen normalen Body-Mass-Index (BMI) hatten und sich regelmässig bewegen. 

Gewichtsentwicklung

Die empfohlene Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ist abhängig vom Ausgangsgewicht der Frau. Für normalgewichtige Frauen mit einem BMI von 18,5-24,5 wird eine Gewichtszunahme von 11,5-16 kg empfohlen. Untergewichtige Frauen mit einem BMI <18,5 sollten etwas mehr zunehmen, insgesamt 12,5-18 kg. Und übergewichtige Frauen mit einem BMI bis 29,5 sollten etwas weniger zunehmen, insgesamt 7-11,5 kg. Bei adipösen Frauen richtet sich die Gewichtszunahme nach den Adipositas Klassen. Ab einem BMI von 30 wird eine Gewichtszunahme von 5-9 kg empfohlen. Liegt der BMI-Wert ≥ 35 sollten maximal 1-4 kg zugenommen werden. Und ab einem BMI-Wert von 40, sollte in der Schwangerschaft keinerlei Gewichtszunahme erfolgen (Tab. 1) [2]. 

Ein gesundes Ausgangsgewicht der Frau und eine angemessene Gewichtszunahme während der Schwangerschaft haben einen positiven Einfluss auf den Schwangerschaftsverlauf und das Gewicht des Neugeborenen. So wird beispielsweise das Risiko von Präeklampsie, Schwangerschaftshypertonie, Gestationsdiabetes mellitus (GDM), einem Kaiserschnitt oder einer Frühgeburt reduziert. Darüber hinaus sinkt die Komplikationsrate für Kinder, die zu klein (SGA) oder zu gross (LGA) für ihr Gestationsalter sind. Kinder mit normalem Geburtsgewicht haben zudem ein geringeres Risiko für späteres Übergewicht als Kinder, die mit einem zu niedrigen oder zu hohen Gewicht geboren werden [3,4]. 

Gesundheitswirksame Bewegung

Um eine angemessene Gewichtszunahme zu erreichen sollten auch Schwangere Sport treiben oder sich zumindest regelmässig bewegen. Regelmässige Bewegung und Sport sind wesentlich für Wohlbefinden und Gesundheit und haben für Schwangere grundsätzlich dieselben gesundheitlichen Vorteile wie für alle anderen. Gesunden Frauen mit einer unkomplizierten Schwangerschaft wird empfohlen sich mindestens 2 ½ Stunden pro Woche zu bewegen, sei es in Form von Alltagsaktivitäten oder Sport mit mittlerer Intensität. Eine mittlere Intensität weisen körperliche Aktivitäten auf, bei denen man zumindest etwas ausser Atem, aber nicht unbedingt ins Schwitzen kommt. Idealerweise sollte die körperliche Aktivität auf mehrere Tage in der Woche verteilt werden. Zudem sollte langes Sitzen öfter unterbrochen werden [5].

Ernährungsempfehlungen im Vergleich zum Status quo

Mit der Nationalen Ernährungserhebung menuCH stehen erstmals repräsentative Daten zum Lebensmittelverzehr und Ernährungsverhalten der in der Schweiz lebenden Bevölkerung zur Verfügung und diese scheint recht unausgewogen zu sein. So wird etwa Süsses und Salziges bei weitem mehr konsumiert als empfohlen. Der Anteil an Ölen, Fetten und Nüssen entspricht ungefähr den Empfehlungen, während Milchprodukte zu wenig, Fleisch dafür zu viel gegessen wird. Hülsenfrüchte sowie Früchte und Gemüse werden derweil zu wenig gegessen. Getränke wie Wasser, Kaffee und Tee werden in ausreichendem Mass konsumiert [6].

Gerechnet für eine etwa 60 kg schwere Frau sollte das Protein in der Schwangerschaft 10-20% der Energie ausmachen, das Fett 30-35% und die Kohlenhydrate 45-55%. Ab dem zweiten Trimester sollte eine tägliche Erhöhung der Proteinaufnahme erfolgen. Vor allem bei den Milchprodukten ist die Konsumation allerdings zu tief. Lediglich zwei Drittel der schwangeren Frauen in der Schweiz schaffen es die empfohlenen drei Portionen pro Tag zu sich zu nehmen. Die zusätzliche Portion Protein pro Tag erreichen mit 40% hingegen noch weniger. Was den Fettanteil betrifft, so werden vor allem tierische Fette aufgenommen. In der Schwangerschaft werden aber vor allem ungesättigte Fettsäuren empfohlen. Diese Omega-3-Fettsäuren mindern das Risiko einer Frühgeburt und sind in Fisch, Fischöl oder auch Algen Öl enthalten. Eine generelle Supplementation mit Docosahexaensäure (DHA), sollte allerdings nicht stattfinden. Lediglich bei Frauen, die vor der Schwangerschaft ein Defizit ausweisen, wird die ergänzende Aufnahmen von 200 mg DHA empfohlen, da sich sonst das Risiko einer Frühgeburt erhöhen kann [7]. 

Wichtige Nährstoffe

Mit einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung kann der zusätzliche Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen weitgehend gedeckt werden, insbesondere da ein zusätzlicher Bedarf nicht während der gesamten Schwangerschaft besteht. Manche Nährstoffe sollten bereits vor der Schwangerschaft erhöht werden, wie zum Beispiel Folsäure. Hier empfiehlt es sich möglichst schon vor der Schwangerschaft täglich 400 Mikrogramm Folsäure zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung einzunehmen. Eine Eisenergänzung hingegen wird nicht generell empfohlen, sondern nur bei Bedarf verschrieben. In der Schweiz ist allerdings eine Unterversorgung mit Vitamin D weit verbreitet. Es wird daher empfohlen, dass schwangere Frauen pro Tag 600-800 Einheiten zusätzlich  zu sich nehmen [8,9]. Die Zufuhr von Calcium ist in der Schwangerschaft nicht notwendig, da aber in der generellen Ernährung zu wenig Milchprodukte eingenommen werden, empfiehlt es sich auf die tägliche Einnahme von 1000 mg zu achten. Für Jod wird in der Schweiz darüber hinaus eine Zufuhr von 250 μg pro Tag empfohlen. Es wird ausserdem empfohlen im Haushalt stets jodiertes Speisesalz zu verwenden und bei verarbeiteten Lebensmitteln wie Brot darauf zu achten, dass diese mit jodiertem Salz hergestellt wurden. Da Vitamin B12 nur in tierischen Produkten vorkommt, sollte eine Supplementierung von 4,5 μg pro Tag bei veganer Ernährung auf jeden Fall erfolgen, bei vegetarischer Ernährung bei Bedarf nach ärztlicher Absprache [10]. Bei veganer Ernährung empfiehlt sich grundsätzlich eine Ernährungsberatung anzusetzen.  

Take Home Messages

Es ist sinnvoll, sich schon der Schwangerschaft Gedanken zur Ernährung zu machen. Eine abwechslungsreiche Ernährung und ausreichend Bewegung sind eine gute Voraussetzung für ein gesundes Körpergewicht und einen optimalen Schwangerschaftsverlauf. Die Beurteilung der Ernährung in der Schwangerschaft sollte sich auf folgende Angaben beziehen: Obst und Gemüse = 5 Portionen pro Tag, Proteinquellen = 3-4 Portionen pro Tag und der generelle Verzehr von Fisch- und Öl. Dr. med. Katharina Quack Lötscher, vom Universitätsspital Zürich, empfiehlt zusätzlich die Broschüre «Ernährung rund um Schwangerschaft und Stillzeit», die vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen entwickelt wurde und als Orientierung dienen kann [1].

Quelle:

1. PD Dr. med. Katharina Quack Lötscher: Optimale Ernährung in der Schwangerschaft. Vortrag Jahreskongress gynécologie suisse 2021, 24.06.2021.

2. Rasmussen, K. & Yaktine, A.: Weight Gain During Pregnancy: Reexamining the Guidelines. National Academies Press (US) 2009; 10.17226/12584.

3. LifeCycle Project et al.: Association of Gestational Weight Gain With Adverse Maternal and Infant Outcomes. JAMA 2019; doi: 10.1001/jama.2019.3820.

4. Faucher, M. & Barger, M.: Gestational weight gain in obese women by class of obesity and select maternal/newborn outcomes: A systematic review. Women Birth 2015; doi: 10.1016/j.wombi.2015.03.006.

5. Gesundheitsförderung Schweiz: Tipps für eine aktive Schwangerschaft und die Zeit nach der Geburt. https://gesundheitsfoerderung.ch/assets/public/documents/de/1-kap/empfehlungen/Leporello_Tipps_fuer_eine_aktive_Schwangerschaft_und_die_Zeit_nach_der_Geburt_deutsch.pdf.

6. menuCH: Nationale Ernährungserhebung. BVL 2017. https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/lebensmittel-und-ernaehrung/ernaehrung/menuch.html.

7. Simmonds, L. et al.: Omega-3 fatty acid supplementation in pregnancy—baseline omega-3 status and early preterm birth: exploratory analysis of a randomised controlled trial. BJOG 2020; doi: 10.1111/1471-0528.16168.

8. Richard, A. et al.: Prevalence of Vitamin D Deficiency and Its Associations with Skin Color in Pregnant Women in the First Trimester in a Sample from Switzerland. Nutrients 2017; doi: 10.3390/nu9030260.

9. Cabaset, S. et al.: Vitamin D status and its determinants in healthy pregnant women living in Switzerland in the first trimester of pregnancy. BMC Pregnancy and Childbirth 2019; doi: 10.1186/s12884-018-2150-1. 

10. Rashid, S. et al.: Review of Vitamin B12 deficiency in pregnancy: a diagnosis not to miss as veganism and vegetarianism become more prevalent. Eur J Haematol 2020; doi: 10.1111/ejh.13571.

Isabell Bemfert

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