Während der vaginalen Geburt kann es infolge des Drucks durch den kindlichen Kopf zu einer Überdehnung des Beckenbodens kommen, mit nachfolgenden Schädigungen am neuromuskulären System, am Bindegewebe und an den mit Blase und Darm verknüpften Sphinktersystemen. Ein Forschungskonsortium des Kantonsspitals Winterthur und des St. Claraspitals verglich nun Wasser- mit Bettgeburten und untersuchte die Häufigkeit von Beckenbodenerkrankungen ein Jahr nach der Entbindung. 

Neben dem Alter und der Menopause ist die vaginale Geburt der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von Störungen der Beckenbodenfunktion wie Inkontinenz und Lageveränderungen der Genitalorgane. Etwa 25% aller Frauen nach vaginaler Entbindung leiden unter Symptomen einer Beckenbodeninsuffizienz. Die vaginal-operative Entbindung birgt zudem ein massiv erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Beckenbodenfunktionsstörung. Schwangerschaft und Geburt bedeuten für den weiblichen Beckenboden eine enorme Mehrbelastung sowie ausgeprägte strukturelle und funktionelle Veränderungen. Die Wassergeburt ist seit den 90er Jahren eine beliebte Gebärmethode. Sie gilt als natürlich, weil sie mit weniger häufigen Episiotomien und weniger höhergradigen Dammrissen einhergeht, da sich durch die Wärme des Wassers die Beckenbodenmuskulatur besser entspannen und lockern kann.

Wasser- vs. Bettgeburt

Im Zeitraum zwischen 1991 und 2006 wurden insgesamt 1205 Wassergebärende und 1036 Bettgebärende befragt. Es handelte sich bei den Frauen um erstgebärende, welche eine spontane Wasser- oder Bettgeburt hatten. Es wurde keine Epiduralanaästhesie durchgeführt und die Kinder befanden sich in Schädellage. Die Befragung wurde mithilfe eines Fragebogens durchgeführt, der objektive und subjektive Daten bezüglich Harn- und Stuhlinkontinenz sowie Beckenbodenschmerzen evaluierte, sowohl peripartal als auch ein Jahr nach der Geburt. Das Geburtsmanagement war im Fall der Wasser- und Bettgeburten gleich, so wurde beispielsweise sowohl bei den Wasser- als auch bei den Bettgeburten ein «Hands-on» bei der Geburt des Kopfes durchgeführt. 

Wassergeburt hat protektiven Effekt auf den Beckenboden

Wie erwartet werden Episiotomien bei Geburten im Wasser weniger häufig durchgeführt. Auch die Geburt selbst ist bei Wassergeburten signifikant kürzer und es wird weniger Oxytocin benötigt. Darüber hinaus blieb der Damm bei Wassergeburten vermehrt intakt. Ein Jahr nach der Geburt haben Urininkontinenz und Beckenbodenschmerz keinen signifikanten Unterschied ergeben. Die Stuhlinkontinenz hingegen, insgesamt ein sehr seltenes Ereignis ein Jahr postpartal, zeigt einen signifikanten Unterschied zugunsten der Wassergeburt (Tab. 1, Abb. 1) [1].

Daraus postulieren Rebecca Zachariah und Team, vom Kantonsspitals Winterthur und dem St. Claraspital, dass die Wassergeburt einen protektiven Effekt auf den Beckenboden hat, da die Geburt an sich kürzer verläuft, weniger Episiotomien durchgeführt werden und weniger Oxytocin benötigt wird [1]. Die Häufigkeit von Beckenbodenbeschwerden ein Jahr postpartal ist mit den Bettgeburten vergleichbar. Die Stuhlinkontinenz kommt nach Wassergeburten allerdings signifikant weniger häufig vor. Die Daten veranschaulichen, dass die Wassergeburt nicht nur eine natürliche, sondern insbesondere in Bezug auf den Beckenboden eine sichere und auch empfehlenswerte Geburtsmethode ist. 

Quelle:

  1. Zachariah, R. et al.: 1000 waterbirds compared with 1000 bedbirths: Frequency of pelvic floor disorders one year after delivery. Vortrag Jahreskongress gynécologie suisse 2021, 24.06.2021.

Isabell Bemfert

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