Nicht immer arbeitet der Darm so, wie er soll. Viele Menschen jeglichen Alters leiden gelegentlich oder andauernd unter Verstopfung. Dies kann verschiedene Ursachen haben. Was bringt den trägen Darm in Schwung? Neben Allgemein- und Verhaltensmassnahmen sind mitunter Laxanzien nötig.

Bei einer chronischen Obstipation dauern die Symptome seit mindestens drei Monaten an und es liegen mindestens zwei der folgenden Leitsymptome vor: starkes Pressen, klumpiger oder harter Stuhl, subjektiv unvollständige Entleerung, subjektive Obstruktion, manuelle Manöver zur Erleichterung der Defäkation bei mehr als jeder vierten Stuhlentleerung oder weniger als drei Stuhlgänge pro Woche. «Meist handelt es sich um eine funktionelle Obstipation oder ein Reizdarmsyndrom vom Obstipationstyp, Defäkationsstörungen und ‹Slow Transit›-Obstipation sind selten», erklärt PD Dr. med. Emanuel Burri, Leiter Gastroenterologie, Kantonsspital Baselland [1]. Das Therapieziel ist in erster Linie eine Reduktion des mit der unbefriedigenden Defäkation verbundenen Beschwerdekomplexes, das Erreichen einer regelmässigen Stuhlfrequenz ist zweitrangig [1–4].

Die wichtigsten Therapieprinzipien im Überblick

Eine Erhöhung des abdominalen Volumens durch Füllung des Kolons löst eine propulsive Motilität aus, die durch stimulierende Laxanzien gesteigert werden kann. Ein weiterer therapeutischer Ansatzpunkt ist die Veränderung der Resorption durch osmotische Laxanzien. Auf diesen beiden Mechanismen beruht die Wirkung der von der deutschen Gesellschaft für Gastro­enterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen empfohlenen Laxanzien der ersten und der zweiten Wahl, welche eingesetzt werden, wenn die Allgemeinmassnahmen nicht zielführend sind (Abb. 1). 

Die Allgemeinmassnahmen sind die Basis jeder Obstipationstherapie. Dazu zählen eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme, wobei dies an die individuellen Gegebenheiten angepasst werden sollte (z.B. tolerierte Trinkmenge bei Patienten mit Herzinsuffizienz und/oder Niereninsuffizienz beachten). Ein weiterer wichtiger Faktor ist altersgerechte regelmässige Bewegung, Inaktivität gilt es zu vermeiden. Eine ballaststoffreiche Ernährung ist zentral, 20–30 g Ballaststoffe täglich kann zu einer Linderung von Obstipationssymptomen beitragen. Dabei können Ballaststoffe als Füll- und Quellmittel in Form von Weizenkleie, ­Leinsamen sowie Flohsamen und Flohsamenschalen eingenommen werden. Ballaststoffe quellen bei gleichzeitiger Aufnahme von Wasser auf und entfalten ihre abführende Wirkung durch die Volumensteigerung im Darm. Allerdings kann es zu unerwünschten Begleitsymptomen wie Blähungen und abdominalen Krämpfen kommen, was die Adhärenz schmälert.

Laxanzien erhöhen das Darmvolumen und regen die Darmperistaltik an

Laut Leitlinie sind Macrogole, Natriumpicosulfat und Bisacodyl die Laxanzien der ersten Wahl zur Therapie der chronischen Obstipation, es handelt sich um klassische Abführmittel, deren Wirkung primär auf einer Erhöhung des Stuhlvolumens basiert. Sind diese klassischen Laxanzien nicht zielführend, wird empfohlen, osmotisch wirkende Zucker und Zuckeralkohole einzusetzen. Der Mechanismus dieser Wirkstoffe besteht darin, dass Wasser im Darmlumen osmotisch zurückgehalten wird, was die Eindickung der Fäzes verhindert, wodurch das Volumen des Darminhalts zunimmt und die propulsive Peristaltik gefördert wird. Im Folgenden eine Übersicht der wichtigsten Verteter der konventionellen und osmotischen Laxanzien (Tab. 1) [1–4]:

Macrogol bindet über polare Sauerstoffatome mit hoher Affinität das Wasser, mit dem es eingenommen wird. Dadurch wird im Darm wird das Stuhlvolumen erhöht. Die füllungsbedingte Dehnung bewirkt eine neuromuskuläre Anregung der propulsiven Kolonmotilität und führt zum Auslösen der Defäkation. Macrogol wird nur minimal resorbiert. Störungen des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts konnten nicht nachgewiesen werden. Ein Zusatz von Elektrolyten ist nicht notwendig.

Bisacodyl und Natriumpicosulfat werden durch Darmbakterien in ihre aktive Wirkform überführt. Diphenole führen zu einer Erhöhung des Darmvolumens durch Hemmung der Resorption von Wasser und Natrium, vermindern die Stuhlkonsistenz durch Steigerung der Sekretion von Wasser und Kalium und wirken zusätzlich als Kontaktlaxans mit Stimulation der reflektorischen Peristaltik. Bei bestimmungsgemässem Gebrauch bleibt der Kalium-Spiegel konstant, bei Übergebrauch ein kann ein Kalium-Mangel auftreten. Die Anwendung sollte auf ein- bis zweimal pro Woche beschränkt werden.

Lactitol ist weitgehend vergleichbar mit Lactulose. Lactitol und Lactulose werden durch Kolonbakterien im Dickdarm zu niedermolekularen Fettsäuren abgebaut. So entstehen aus Lactulose Milch-, Essig-, Propion- und Buttersäure sowie Gase. Neben der Erhöhung des osmotischen Drucks, kommt es durch die Säureeinwirkung zu einer pH-Wertveränderung und Reizung sensorischer Neurone mit Anregung der Peristaltik.

Mannitol ist ebenfalls ein osmotisch wirkendes Laxans. Es handelt sich um einen natürlichen Zuckeralkohol. Mannitol wird wenig absorbiert und erhöht aus osmotischen Gründen den Wassergehalt im Dickdarm. Dadurch stimuliert es die Darmbewegungen und macht den Stuhl weicher und gleitfähiger.

Von salinischen Laxanzien wie Magnesiumhydroxid wird in der Leitlinie aufgrund der Nebenwirkungsrisiken eher abgeraten. Dasselbe gilt für Rizinusöl und Paraffinöl (Gefahr einer Lipidpneumonie).   

Reizdarmsyndrom als häufige Ursache der chronischen Verstopfung

Neben der idiopathischen funktionellen Obstipation ist Reizdarm mit Obstipation die häufigste Ursache von chronischer Verstopfung. Das Reizdarmsyndrom subsummiert unspezifische funktionelle Darmstörungen. Die Diagnose wird nach Ausschluss einer organpathologischen Ursache anhand der Rom-Kriterien gestellt: rezidivierende abdominelle Schmerzen während ≥1 Tag pro Woche während der letzten drei Monate mit Symptombeginn vor >6 Monaten. Diese Beschwerden sind assoziiert mit mindestens zwei der folgenden Symptome: Beschwerden im Zusammenhang mit der Defäkation, Änderung der Stuhlfrequenz und/oder Änderung der Stuhl­konsis­tenz. Zusätzlich liegen mindestens zwei der folgenden Symptome vor: Beschwerden im Zusammenhang mit der Defäkation, Änderung der Stuhlfrequenz, Änderung der Stuhlkonsistenz.

Literatur:

  1. Burri E: Chronische Obstipation. PD Dr. med. Emanuel Burri, FOMF Allgemeine und Innere Medizin, 06.04.2020.
  2. AWMF: S2k-Leitlinie Chronische Obstipation: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie, www.awmf.org (letzter Abruf 10.02.2021)
  3. Schweizerisches Arzneimittelkompendium, https://compendium.ch (letzter Abruf 10.02.2021)
  4. Buck T: Thema Verstopfung. Wenn nichts mehr geht. Deutsche Apothekerzeitung 2017, www.deutsche-apotheker-zeitung.de (letzter Abruf 10.02.2021)

HAUSARZT PRAXIS

Mirjam Peter, M.Sc.

Write A Comment