Hautsymptome zählen zu den klinischen Manifestationen einer fortgeschrittenen systemischen Mastozytose. Die Bestimmung der Serum-Tryptase sowie einer KIT-D816V-Mutation ermöglichen eine erste Diagnostik in der dermato­logischen Praxis. Der Multikinasehemmer Midostaurin kann bei Betroffenen die Symptomlast verringern und das Überleben verbessern.

Bei der fortgeschrittenen systemischen Mastozytose (advSM) führt die unkontrollierte Vermehrung und Akkumulation neoplastischer Mastzellen in inneren Organen zur Organdysfunktion und -schädigung [1]. Die Lebens­erwar­tung und Lebensqualität kann stark eingeschränkt werden [2,3]. Hauterscheinungen, wie z.B. starker Juckreiz, sind ein häufiges belastendes Symptom [4–8]. Dem Dermatologen kommt daher eine entscheidende Rolle in der Diagnostik der advSM zu, oft ist es die erste Anlaufstelle für Betroffene. Zur Behandlung von Patienten mit advSM steht der Multikinasehemmer Rydapt® (Midostaurin) zur Verfügung. 

Unspezifische Symptome erschweren Diagnosestellung

Die grosse Bandbreite unspezifischer Symptome führt dazu, dass die Erkrankung oft erst spät diagnostiziert wird [9]. Die Verlaufsprognose ist zudem schlecht: Das mediane Überleben ab Diagnosestellung liegt zwischen 6 Monaten und 3,5 Jahren [2,14]. Um das Survival und die Symptomlast der Patienten zu verbessern, ist ein frühzeitiges Erkennen der advSM von grosser Bedeutung [15]. Juckreizsymptome werden durch Mediatoren hervorgerufen, die von den Mastzellen sezerniert und in die Blutbahn abgegeben werden (z.B. Histamin). Neben belastendem Pruritus können verschiedene unspezifische nicht-kutane Symptome auftreten in Abhängigkeit des infiltrierten Organs (z.B. Anämie, Leberdysfunktion, Malabsorption, Gewichtsverlust, körperliche Schwäche, Diarrhö [5,7,8]). Genetisch liegen der Erkrankung bei zahlreichen Betroffenen aktivierende Mutationen des c-KIT-Gens zugrunde. Die häufigste Mutation – die KIT D816V Substitution – liegt bei mehr als 80% der Patienten vor [16,17] und führt zu einer Liganden-unabhängigen Aktivierung des KIT-Rezeptors, was eine gesteigerte Proliferation und Überlebensrate der Mastzellen nach sich zieht [8].

Wichtige diagnostische Marker: Serum-Tryptase und KIT-D816V-Mutation

Typische klinische Zeichen sind makulo-papulöse, rötlich-bräunliche, punktförmige irritable Hautläsionen, früher «Urtikaria pigmentosa» genannt [6]. Im Krankheitsverlauf können die Läsionen auch konfluierend sein [6]. Zusätzlich ist das Darier-Zeichen hinweisend: Streicht man mit einem Holzspatel über die Haut, zeigt sich im Bereich der Läsionen eine Rötung [6]. Weitere Anhaltspunkte auf das Vorliegen einer advSM können gastrointestinale Beschwerden geben [18,19]. Oft treten bei Patienten mit advSM auch schwere Anaphylaxien auf [20]. Häufiges zusätzliches Merkmal der advSM ist eine Osteoporose oder Osteopenie unklarer Ätiologie [21]. Als weiterführende diagnostische Parameter stehen neben dermatologischen Indikatoren die Messung des Serum-Tryptase-Spiegels sowie das Bestimmen einer KIT-D816V-Muta­tion im Blut zur Verfügung [5]. Ist die Serum-Tryptase erhöht und der Test auf KIT-D816V-Muta­tion positiv, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine systemische Mastozytose geschlossen werden [9,10]. Dabei gilt: Je höher die Mutationslast, umso fortgeschrittener ist meist die Erkrankung [22]. Erhärten beide Tests den Verdacht auf eine systemische Mastozytose, sollte im nächsten Schritt eine Überweisung an den Hämato-Onkologen erfolgen.

ZusammenfassungZu den kutanen Symptomen der fortge­schrittenen systemischen Mastozytose (advSM) zählen makulo-papulöse, rötlich-bräunliche, punktförmige irritable Hautläsionen (früher «Urtikaria pigmentosa» genannt). Zusätzlich ist das Darier-Zeichen hinweisend.Weiterführende diagnostische Parameter sind Messung des Serum-Tryptase-Spiegels sowie das Bestimmen einer KIT-D816V-Mutation im Blut [5]. Bei erhöhten Serum-Tryptase-Werten und positiver KIT-D816V-Mutation-Testung ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um advSM handelt [9,10].Seit Herbst 2017 steht bei Erwachsenen der antiproliferativ wirkende Multikinasehemmer Rydapt®(Midostaurin) als zusätzliche Behandlungsoption zur Verfügung [11]. Midostaurin kann die Symptomlast signifikant reduzieren und war im Vergleich zu historischen Kontrollen mit einer Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens von 19,5 Monaten auf 41,4 Monate assoziiert [11–13].

Therapieziel Symptomreduktion

Seit Herbst 2017 haben sich die Behandlungsoptionen mit Einführung des antiproliferativ wirksamen oral zu verabreichenden Multikinasehemmers Midostaurin (Rydapt®) [11,23] bei erwachsenen Patienten stark verbessert. Im Vergleich zu historischen Kontrollen zeigte sich eine Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens von 19,5 auf 41,4 Monate [11–13]. Rydapt® ist zugelassen als Monotherapie zur Behandlung erwachsener Patienten mit aggressiver systemischer Mastozytose (ASM), systemischer Mastozytose mit assoziierter hämatologischer Neoplasie (SM-AHN) oder Mastzellleukämie (MCL) [11]. Der Wirkmechanismus ist eine Hemmung der Kinaseaktivität von FLT3 und KIT und deren mutierter Formen, was zu einer Regulation spezifischer essenzieller Zellprozesse beiträgt und das Wachstum sowie die Vermehrung von Krebszellen verlangsamt oder stoppt [11]. Als häufigste nicht-hämatologische unerwünschte Ereignisse wurden im Rahmen der Studien Übelkeit und Erbrechen beobachtet [13].

Quelle: Novartis
 

Literatur:

  1. Metcalfe DD: Blood 2008; 112(4): 946–956.
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  3. Gotlib J, et al.: Blood 2013; 122(21): 106.
  4. Magliacane D, et al.: Transl Med UniSa 2014; 8: 65–74.
  5. Pardanani A: Am J Hematol 2015; 90: 251–262.
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  8. Verstovsek S: Eur J Haematol 2013; 90(2): 89–98.
  9. Pardanani A, et al.: Am J Hematol 2019; 94(3): 363–377.
  10. Valent P: Am Soc Hematol Educ Program 2015; (1): 98–105.
  11. Schweizerisches Arzneimittelkompendium: Fachinformation Rydapt®https://compendium.ch, letzter Abruf 06.01.2020
  12. Reiter A, et al.: EHA, Madrid, 22.–25.06.2017.
  13. Gotlib J, et al.: N Engl J Med 2016; 374(26): 2530–2541.
  14. Georgin-Lavialle S, et al.: 2013; 121(8): 1285–1295.
  15. Valent P, et al.: Int J Mol Sci 2019; 20(12): 2976.
  16. Ustun C, et al.: Haematologica 2016; 101(10): 1133–1143.
  17. Jawhar M, et al.: Blood 2017; 130(2): 137–145.
  18. Sokol H, et al.: Allergy Clin Immunol 2013; 132: 866–873.
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  22. Erben P, et al.: Ann Hematol 2014; 93(1): 81–88.
  23. Cantoni N: Schweizerisches Medizin-Forum 2019; 19(31–32): 497–498.

DERMATOLOGIE PRAXIS 2020; 30(1): 31

Mirjam Peter, M.Sc.

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